Echli tschüttele langed nöd

S'Eis
Matchbericht

Echli tschüttele langed nöd

8.9.2024
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Es ist wie verhext, die Zuschauer schwanken zwischen Mitgefühl und Frust. Die Kulisse stimmt (heute 89 Zuschauer), das Umfeld auch – wo sonst gibt es in der 4. Liga aufopferungsvollen Einsatz mit etlichen ehrenamtlichen Stunden für Kiosk-Vorbereitung, Platz-Speaking mit Einlaufmusik und Torjingle oder wie vor zwei Wochen zur Saisoneröffnung mit Ehrengästen im Sonderzelt? Die Aufbruchstimmung im Verein mit der Vorfreude auf bessere Infrastruktur ist gross, die Junioren hängen sich euphorisiert rein wie EM-Spieler. Der Rasen ist gepflegt und sogar Grümpi-Kicker loben: "Ein Traum!". Tränen werden vergossen, wenn man diese fantastische sportliche Heimat verlassen oder aufgeben muss. Hier gibts Spieler des Jahres, über 60 Sponsoren, einen Gönnerclub so gross und stark wie in keinem Verein des Oberlands. Das ist Wislig. Alle geben Vollgas, einige leisten noch mehr, als sie sich selbst je zugetraut haben – aus "Liebe zum Verein, voller Leidenschaft". Nur das Maskottchen liegt verstaubt am Estrich, sonst ist alles Kult wie immer. Hopp Wislig.

Alle schauen auf das, was die 1. Mannschaft macht. Jahr für Jahr, Monat für Monat, Match für Match. Hopp-Wislig-Rufe. Aufmunternder Applaus. Kuhglocken-Gebimmel. Der Funke soll überspringen und der Glaube Berge versetzen. Liideschaft, so wie es auf dem Rücken der Three-Stars steht. Gästefans sind angetan vom Ambiente, der Atmosphäre ... und machen mit. Alles wie gehabt.

Die Mannschaft probiert's, sie stellt sich der Herausforderung, nach nur einer Woche schon wieder ein Derby zu bestreiten. Gegen Kempttal, deren Spieler wie "Kasallas" den Platz betreten und die nur drei nominelle Mittelfeldspieler und dafür zwei Flügelstürmer aufbieten, soll es ein kompaktes 5er-Mittelfeld richten. Nun ist die 4. Liga nicht gerade für taktische Finessen bekannt, meistens entscheidet Moral, Kampfgeist, Tempowechsel, manchmal auch ein Einzelkönner. Doch an diesem Sonntag war schnell klar, was Kempttal vorhatte: Ballannehmende Wisliger sofort doppeln, die Aussenverteidiger Lionel Ribeiro und Gil Bacelo nehmen Wisligs Moser (links) und Meilinger (rechts) in Empfang - und wenn weitere Offensivspieler nachrücken, helfen Stojanovic und Rickenbacher mit. Bei Ballgewinn abwechseln: schneller Spielaufbau, in der nächsten Aktion bewusst ruhig und mit Ballbesitz.

Was die hoffnungsvollen Wisliger Fans trotz wenig Ballbesitz ihrer Jungs honorieren: Auch das Heimteam hat zwei, drei Chancen in der 1. Halbzeit, weil zwei schnelle Vorstösse tatsächlich "durchkommen". Und so wird mitgefiebert, auch nach dem 0:1, das ärgerliche Geschenk nach Fehlpass im Spielaufbau, als fünf (!) Kempttaler Druck auf Ballführenden und potenzielle Passempfänger ausgeübt hatten. Schnell ein Pass in die Tiefe – Tor. Gut, dann schnell ein Pausenbier und Bratwurst. "Wirst sehen, jetzt kommen wir!"

Den lockeren Sprüchen folgt erst einmal Stirnrunzeln: Zwei Mal wird das 0:2 verhindert, ein drittes Mal scheitert ein Kempttaler kläglich. "Eifach schüsse lah", typischer Fan-Humor. Dann endlich: Wislig gelingt ein Angriff aus dem Lehrbuch, Albero bis fast zur Grundlinie, Querpass von rechts, der Goalie schon geschlagen … doch auch aus einem Meter will der Ball einfach nicht über die Linie. Kempttal kann sein Glück kaum fassen. Nach dem Missgeschick folgen die besten 15 Wisliger Minuten, Kempttal ist angezählt, kassiert einige Gelbe Karten, dann Gelb-Rot. Hopp Wislig. Geile Kombination, geiler Schuss - 1:1. "I feel good. I knew that I would now" tönt aus den Boxen. "Und jetzt grad nomol eis" kommentiert ein Wisliger Fan. Leider nicht. 88. Minute 1:2, 90. Minute Penalty und 1:3. Die Roten kommen ruckzuck zur Tribüne, der Derbygegner jubelt erleichtert – es hätte durchaus in die Hosen gehen können.

Auf Wisliger Zuschauerseite setzt das übliche Fachsimpeln ein: "Ok, Wislig hatte heute keinen nominellen Goalie", doch am bravourösen Doghmani lag es nicht. Auch nicht an der "Qualität im Kader (oder der Ersatzbank)". Kempttal war wacher, aggressiver in den Zweikämpfen, achtsamer im Passspiel, wohl auch taktisch klüger.

Wir Zuschauer kommen wieder. Zum nächsten Heimspiel am 29. September, 11.00 Uhr. Weil wir Wisliger sind und daran glauben, dass unsere Zeit kommt. Die Durststrecke mit nur elf Siegen in zweieinhalb Jahren (88:126 Tore) wird enden.
Wenn wir es uns verdienen!

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