Sportplatzprojekt Mettlen versenkt
Wer in diesen Tagen keine Lust mehr hat auf Fussball-Skandale und Missstände in der (Sport-)Politik, der sollte nicht weiterlesen. Wer keine Zeit hat für die lange, aber packende Chronik der Ereignisse, der scrollt an das Textende und liest nur das Fazit, so etwas wie "die Moral von der G'schicht". Allen anderen: Nicht verzagen, es geht auch für den FCW weiter, immer weiter.
Hier also die FCW-NEWS-HEADLINE OF THE YEAR: Das Sportplatzprojekt ist versenkt worden. Von wem und wie? Hier sind die Fakten.
Rückblende.
Im November 2015 stellt der FC Weisslingen beim Gemeinderat den Antrag für ein neues Garderobengebäude. Sein Anliegen: den verbandsrechtlichen Auflagen entsprechen, Mängel beheben, Bedarf für 180 – 200 Mitglieder decken (u.a. mehr Kabinensitzplatz als nur 0.44 m Breite und weitere Kabinen, endlich auch für Frauen/Mädchen). Markante Kostensteigerungen für die Instandhaltung des 43jährigen Gebäudes seien zu vermeiden. Budgetkosten: 1.1 Mio. Franken (dokumentiert im 11seitigen Antrag vom 9. November 2015). Ebenfalls deklariert wird der Bedarf nach einem Kunstrasen am Sportplatz Mettlen – ob in einer 2. Etappierung bleibt aussen vor (Kostenpunkt 1.5 Mio.).
Bereits vier Jahre vorher war beim Gemeinderat die «Bedarfsmeldung» des FCW eingegangen, blieb aber unbeantwortet («schubladisiert»). Jetzt bittet Gemeindepräsident Conzett den FCW, nochmal einen fundierten Antrag einzureichen. Der Inhalt der Dokumentation samt drei Vorstudien ist geradezu Ausdruck von Bescheidenheit und (zu) wenig spektakulär. Denn die Gemeinde formuliert weitergehende Visionen: «Eine Art Sport-Begegnungs- und Freizeitanlage» mit Skaterbahnen, Grillstellen u.v.m. soll es werden. Das entspräche dem Zeitgeist und der Gesellschaftsentwicklung, Vereinssport sei rückläufig, Individualsport die Zukunft. Deshalb wird eine Nutzungsstudie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis (präsentiert im 2017): Der Bedarf der Vereine ist ausgewiesen und unbestritten. In den Investitionsplan seien Ausgaben in Höhe von etwa drei Millionen Franken aufzunehmen.
Startschuss nach sieben Jahre Wartezeit
Eine am Start 8köpfige Arbeitsgruppe Sportplatz Mettlen mit Experten nimmt Ende 2017 ihre Arbeit auf – es waren schon zwei Jahre seit dem FCW-Antrag verstrichen - und soll drei Aufträge erfüllen:
- Die Machbarkeit des Ausbaus prüfen,
- Finanzierungsmöglichkeiten ausloten und
- den politischen Prozess begleiten und Unterstützung in der breiten Öffentlichkeit herstellen
Doch Vorsicht, schon frühzeitig steht das Projekt auf der Kippe: Die Gemeindeversammlung im Dezember 2017 schickt das Budget 2018 bachab. Deshalb soll der FCW (im Eigeninteresse) dabei unterstützen, dass die ausserordentliche Versammlung am 19. Februar 2018 das Budget (inkl. weiterer Kosten für das Sportplatzprojekt) im zweiten Anlauf durchbringt. Der FCW empfiehlt tatsächlich Budgetannahme, redet aber dem Gemeinderat, der das Projekt immer noch nicht in den Investitionsplan aufgenommen hat, gehörig ins Gewissen (siehe hier: GdeV_Feb2018_AppellFCW).
Was die Öffentlichkeit nicht weiss: Sechs Wochen zuvor am 31. Dezember 2017 hatte die Gemeinde sogar den Nutzungsvertrag zwischen ihr und dem FCW auslaufen lassen. Nur auf Antrag des FCW, den Spielbetrieb vorerst ohne Nutzungsvertrag aufrechterhalten zu dürfen, genehmigte der Verband die Teilnahme aller FC-Mannschaften an der Rückrunde Saison 2017/2018. Es ist aber nicht die Zeit für Schuldzuweisungen und Offenlegung von Missständen, "man braucht sich". Übrigens wird später in den Verhandlungen um eine Vertragsverlängerung festgestellt (erhoben und dokumentiert), dass der FCW Erhaltungs- und Instandhaltungsarbeiten zugunsten der Eigentümerin (Gemeinde) im Wert von jährlich Fr. 33'250.00 erbringt (Basisjahr 2017).
«Die Gemeinde steht hinter dem Projekt»
Im Mai 2020 (Wisliger 1241, Seit 8) beteuert Gemeindepräsident Conzett ein weiteres Mal, dass der Gemeinderat hinter dem Sportplatzprojekt steht.
Als im Dezember 2020 die Gemeindeversammlung schon wieder ein Budget ablehnt, soll sich der FCW auch dieses Mal bewusst sein: Um das Sportplatzprojekt am Leben zu halten, muss das Budget ist in der 2. Abstimmung angenommen werden. Speziell ist diesmal, dass die RPK sich gegen den Gemeinderat stellt und beantragt: Ablehnung Projektierungskredit Sportplatz Mettlen. Darauf reagieren die Stakeholder FCW und Tennisclub mit Webartikeln und rufen öffentlichkeitswirksam dazu auf, den Antrag der RPK abzulehnen, was dann auch geschieht.
«And the Winner is ...»
Am 6. Dezember 2021 wird präsentiert, wer zum Projektsieger gekürt ist: Die Firma Frutiger AG, ein Thuner Baukonzern mit dem Anliegen, ein «Vorzeigeprojekt im Zürcher Oberland» zu schaffen. Grobkostenschätzung: 5.39 Mio. Franken.
Aus 1.1 respektive 2.6 Mio. (Antrag) wurden 3 Mio. (Nutzungsstudie) und nun 5.4 Mio. im Siegerprojekt. Nicht nur der FCW-Vorstand, der genau wie die Öffentlichkeit an diesem Abend erstmals Kenntnis erhält, muss «tüüf dureschnufe». Das ist wirklich «machbar»? Die Finanzierungsmöglichkeiten sind ausgelotet? Dafür existiert eine breite Unterstützung im Stimmvolk? Die Antwort auf die drei Fragen lautet – wie sich später herausstellen wird – nein, nein und nochmal nein.
«Wehe, Ihr macht nicht mit»
Am 14. Februar 2022 nimmt der FCW-Präsident und ein weiteres Vorstandsmitglied an der ersten Sitzung der Baukommission teil (die Arbeitsgruppe erhielt passend zur baldigen Bauphase diese neue Bezeichnung). Für seine begründeten Zweifel an der Finanzierbarkeit («Wer soll das bezahlen?») und an der Machbarkeit (Berichte kursieren, wonach im Projekt verplante, zu bebauende Parzellen schutzwürdig sind) bekommt er einen Rüffel sondergleichen: Der neue (!) Vereinsvorstand trage Verantwortung für 150 Kids und für das Vereinsleben im Dorf, wenn er das Jahrhundertgeschenk eines angemessenen Sportplatzes nicht annimmt. Er soll gefälligst für ein Ja an der Urne kämpfen.
Einen Monat später gewinnt Pascal Martin am 27. März 2022 die Wahl zum Gemeindepräsident, etwa 200 Stimmen vor Roland Bischofberger (bis dahin RPK-Präsident). Bis nach der Amtsübergabe Anfang Juli soll das Projekt ruhen. Man sei sich inzwischen bewusst, dass ein fünfeinhalb-Millionen-Projekt an der Urne Schiffbruch erleidet.
Am 4. Juli 2022 – es ist sein erster Amtsarbeitstag - verkündet der neue Gemeindepräsident einen Marschhalt und fordert die Vereinspräsidenten auf, in ihren Vorständen mögliche Etappierungsvorschläge zuhanden des Gemeinderates auszuarbeiten. Nur dann sei eine Realisierung möglich. Gleichzeitig werde das Gutachten in Auftrag gegeben (Untergrund), damit die sieben Jahre lang nicht gestellte Frage nach der Machbarkeit endlich beantwortet wird. Ein Protokollvermerk «Den Clubs ist bewusst, dass sie Schuld tragen, wenn nichts passiert» wird auf Antrag korrigiert (ersatzlos gestrichen).
«Lasst uns die letzte Chance nutzen: Etappierung»
Der FCW-Vorstand gibt termingerecht und schweren Herzens seine Stellungnahme ab: Kabinensituation ist desaströs und hat daher Priorität. Im FCW entscheiden aber die Mitglieder, eine Vereinsversammlung wird einberufen. Da gibt es Voten, das TC-Präsidium (das den Abgabetermin seiner Stellungnahme versäumt hat) stehe voll hinter dem Projekt («Das weiss ich aus erster Hand»). Das zögerliche Verhalten des FCW sei verantwortungslos, fände auch der TC. «Was vom Volk angenommen wird, muss von der Gemeinde irgendwie finanziert werden; das sollte dann nicht unser Problem sein». Die FCW-Mitglieder vertagen um 23.15 Uhr das Geschäft, können sich zu keinem Entscheid durchringen. Sie haben zu wenig Informationen, spekulierten über den Inhalt des Gutachtens (schutzwürdiger Boden), hegten Zweifel an der Machbarkeit ebenso wie an der Glaubwürdigkeit von Etappierungszusagen. Etappierung komme grundsätzlich in Frage, "aber wer garantiert uns, dass Schritt 2 kein leeres Versprechen ist?" Am Vortag hatte es aus der Gemeinde noch geheissen: Das Gutachten liegt vor, bleibt aber unter Verschluss. Der Inhalt sei für die Fussballer nicht von Belang.
Der Tennisclub reicht bis sieben Wochen nach dem Abgabetermin gar keine Stellungnahme ein. Dann aber doch, zwei Arbeitstage vor der nächsten Präsidentensitzung. Der Inhalt haut die Leser vom Hocker: Der TC steht nicht hinter dem Projekt. Er möchte erstmal (nur) eine Platzsanierung. Wenn der FCW das Kabinenhaus als Priorität hat, sollen Synergien genutzt werden. So bekäme der TC gleich in Etappe 1 Plätze und Clubhaus. Respekt, wirklich raffiniert! Aber es ist die dritte Kehrtwende innert 12 Monaten.
Gehe es nicht vorwärts, verhandle der Tennisclub fortan allein mit der Gemeinde.
Nach 2'449 Tagen platzt die Bombe
Zweite Präsidentensitzung, 26. Oktober 2022. Traktandum 1 ist nicht etwa die Etappierung oder das seit sieben Jahren versäumte Feuchtgebiet-Gutachten.
Thema ist «offen und direkt und ehrlich» die bedrohliche Finanzsituation der Gemeinde Weisslingen. Weder fünf, noch drei, ja nicht einmal eine Million Franken stehen für Investitionen zur Verfügung; der Geldhahn der Kreditgeber ist abgedreht. Verkündet wird, was der Gemeinderat in einer Klausur beschlossen hat: Stellt irgendwer einen Investitionsantrag, wird Ablehnung empfohlen. Tausende Arbeitsstunden ad absurdum geführt, ein beachtlicher sechsstelliger Betrag in den Sand gesetzt.
Da spielt die Zusatzinformation, dass der Boden einiger Parzellen tatsächlich schutzwürdig, also nur in den kühnsten Visionen bebaubar ist und Rekurse die Projektphase um ein Jahrzehnt verlängern würden, keine Rolle mehr. Ist aber trotzdem eine Bombe, die zweite am gleichen Vormittag.
FAZIT DES FC WEISSLINGEN
Das FC-Anliegen, Mängel zu beseitigen und ein bescheidenes sportliches Zuhause zu bewahren, wurde jahrelang ignoriert und später von der Gemeinde zum «visionären und zeitgemässen Begegnungspark-Projekt» ohne Kostendach aufgebläht. Nach sieben Jahren präsentiert sie ein Siegerprojekt: Ein «Jahrhundertgeschenk» auf schutzwürdigem Grund, es kostet zwar 5.4 Millionen und kommt nach der Steuerfusserhöhung zu einem denkbar schlechten Zeitpunk, aber «Yes, we can!»
Schwere Versäumnisse
Mitnichten hätte es der FCW gewagt, beim Volk Investitionskosten in dieser Höhe zu beantragen, schon gar nicht für ein Projekt, das längst kein FC-Projekt mehr ist, auch wenn es die Visionäre mit politischem Kalkül immer so bezeichnet haben.
Der FCW hätte auch nicht für Projektierungskredite gestimmt, wenn er seinerzeit ehrlich und transparent über die drohende (finanzielle) Handlungsunfähigkeit der Gemeinde informiert worden wäre. Wir glaubten den «Experten» und daran, dass ein machbares, finanzierbares, unterstützungswürdiges Projekt erarbeitet wird. So wie das professionelle Projektmanager eben tun.
Böse Zungen analysieren, es sei womöglich gewollt gewesen, ein vom Volk nicht annehmbares Projekt vorzustellen. Denn dann wäre nicht die Gemeinde Verweigerin der FCW-Unterstützung, sondern «leider» das Volk an der Urne. "Lieber FC, wir haben alles versucht. Aber Ihr seht ja, das Volk gönnt es Euch nicht." Nein, wir würden uns nicht einmal selber so ein Projekt gönnen. Wir sind bescheidene, ehrliche Fussballer. Wir wenden Spieltaktik auf dem Rasen an, an taktischen Spielchen auf politischem Parkett beteiligen wir uns nicht.
Hilf' Dir selbst, denn dann hilft' Dir (der Fussball-)Gott
Der FCW wird sich strategisch neu ausrichten. Er beendet seine Zusammenarbeit mit Schein- oder Nicht-Interessenvertretern.
Wir gehen davon aus, dass der Gemeinde das Vereinsleben wichtig ist und für 200 FCW-Mitglieder bespielbare Fussballfelder sowie haftungs- und verbandsrechtlich unbedenkliche Umzugskabinen zur Verfügung stellt.
Andere Anliegen zum Wohl unserer kickenden Kids und Jugendlichen werden wir mit Hilfe jener Unterstützer verwirklichen, die sich zum Verein und seinen Werten bekennen.
Eines sei hiermit richtig gestellt: Das Sportplatzprojekt hat nicht der FCW versenkt, sondern die Unvernunft und das politische Kalkül der anderen Stakeholder. Schlussstrich.
Foto: Kabine der 1. Mannschaft. Auf 13.12 m² hat es Platz für die Startelf, 5-6 Auswechselspieler, 3 Staff-Mitglieder mit 20 Sporttaschen, dem Teamkoffer, dem Notfallkoffer. Natürlich nur, wenn man Nähe aushalten kann und keine Platzangst hat. Und auch nur dann, wenn keine Spielerin zum Kader gehört.